Obst vorportioniert anzubieten kann ein einfacher Nudge sein. © CentralITAlliance /iStock/Getty Images Plus

Online News: Nudging: Wollen sich Menschen zu gesunder Ernährung anhalten lassen?

  • 11.03.2024
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  • Redaktion

Das Interesse an „Nudging“ (engl. für: anstupsen) und darauf basierenden Maßnahmen ist in den letzten Jahren stark gestiegen und wird weltweit von Unternehmen und auf politischer Ebene eingesetzt, um Menschen zu bestimmten Entscheidungen zu verleiten. In der Ernährung kann Nudging angewendet werden, um gesundheitsförderliche Entscheidungen so zu gestalten, dass diese zu gesünderen Entscheidungen werden. Forschende der Universitäten Göttingen und Bonn untersuchten die Einflussnahme von Nudging auf die Ernährung und dessen Akzeptanz.

Beim Nudging können bereits kleine Maßnahmen das gewünschte Verhalten anstoßen, ohne die Möglichkeiten des Individuums einzuschränken. Das Ernährungsverhalten soll dabei in die gewünschte Richtung gelenkt werden. Aber was halten die Menschen von Nudging? Und wirkt es sich auf ihre Akzeptanz aus, wie solche Anstöße gestaltet sind? Diese Forschungsfragen waren Gegenstand der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie mit 451 Erwachsenen. [1]

Ziel der Online-Erhebung war es, unterschiedlich gestaltete „Nudging“-Interventionen mit dem Fokus auf einer gesünderen und/oder nachhaltigen Ernährung, zu untersuchen. Den Teilnehmenden wurden dabei fünf „Nudging“-Szenarien vorgestellt. Jedes Szenario gab es in zwei Varianten, die in einem Aspekt unterschiedlich gestaltet waren. Menschen können z. B. zu einer bestimmten Wahl geführt werden, indem diese als Standard gesetzt wird. Das ist der Fall, wenn sich Gäste bei einem Büffet die Butter nicht einfach nehmen können, sondern das Servicepersonal bitten müssen, ihnen Butter auszuhändigen. Zunächst sollten die Teilnehmenden ihr typisches Verhalten in der jeweiligen Situation angeben, etwa ob sie bei einem Büffet normalerweise Butter essen würden. Dann beantworteten sie zu jeder Situation Fragen, u. a. wie stark das eingesetzte „Nudging“ in ihre Wahlfreiheit eingreift, wie akzeptabel dieser Eingriff ist und wie wirksam er ihrer Meinung nach ist.

Die Studienergebnisse zeigen, was die öffentliche Akzeptanz von „Nudging“ verbessert: Zum einen muss es für die Menschen mit wenig Aufwand möglich sein, sich gegen die vorgeschlagene Option zu entscheiden. Zum anderen ist Transparenz gefragt. So ist die Akzeptanz größer, je weniger aufwändig es erscheint, sich gegen die vorgeschlagene Option zu entscheiden. Das trifft z. B. zu, wenn Menschen vegetarische Gerichte auf den ersten und Fleischgerichte auf den hinteren Seiten einer Speisekarte finden, im Vergleich dazu, dass sie nur eine vegetarische Speisekarte erhalten und das Angebot an Fleischgerichten aktiv anfragen müssen. Zudem wird „Nudging“ besser akzeptiert, wenn es transparent ist. So war die Akzeptanz bei den Teilnehmenden höher, wenn sie beim Online-Einkauf zunächst gefragt wurden, ob sie einen vorgefüllten „klimafreundlichen“ Warenkorb erhalten möchten, als wenn dieser standardmäßig, ohne vorheriges Erfragen, eingesetzt wird.

Die Forschenden ziehen das Fazit, dass der wichtigste Faktor für die Ablehnung von „Nudging“ der Eingriff in die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen ist. „Wir waren überrascht, dass die Akzeptanz unserer Teilnehmenden wenig von ihren persönlichen Präferenzen und dem Einfluss einer Intervention auf ihr eigenes Verhalten abhing. Wie sich zeigte, sind beim ‚Nudging‘ Wahlfreiheit und Wirksamkeit die Schlüssel zum Erfolg“, erklärt Simone Wahnschafft von der Forschungsgruppe Sustainable Food Systems der Universität Göttingen.

Die Erkenntnisse liefern Anstöße für wirksame und gleichzeitig breit akzeptierte Nudging-Maßnahmen.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen, Pressemeldung vom 14.02.2024


Literatur:
1. Lemken, D., Wahnschafft, S. & Eggers, C. Public acceptance of default nudges to promote healthy and sustainable food choices. BMC Public Health 23, 2311 (2023). https://doi.org/10.1186/s12889-023-17127-z

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