Vitamin B12 und vegane Ernährung war das Thema des ersten Young Scientist Workshop der Gesellschaft für angewandte Vitaminforschung. © conceptw/123rf

GVF-Workshop: Vegane Ernährung und Vitamin B12

DGE-Position „Vegane Ernährung“

Prof. Anja Kroke, HS Fulda, besprach mit den TeilnehmerInnen sehr offen die DGE-Position zu veganer Ernährung. Hinsichtlich des eher zurückhaltenden Konsens in der DGE-Position (vegane Ernährung wird nicht nicht empfohlen) gab sie zu bedenken, dass in den USA, Australien und Großbritannien die Verhältnisse andere sind: zahlreiche angereicherte Lebensmittel bedingen, dass die Nährstoffversorgung in der (veganen) Bevölkerung eine andere Grundlage habe als hierzulande. Zudem untersagt bspw. die EG-Öko-Verordnung die Anreichung von Lebensmitteln wie Pflanzendrinks mit einzelnen Nährstoffen, dies ist nur für konventionelle Produkten erlaubt.

VeganerInnen: In Vergleich zu wem?

Aus epidemiologischer Sichtweise stellte Prof. Kroke nicht nur in Bezug auf die verschiedenen Positionen der Fachgesellschaften wiederholt die Frage: In Vergleich zu wem? Sondern auch: Werden VeganerInnen mit einer theoretisch optimalen Ernährungsweise vergleichen oder mit dem Bevölkerungsdurchschnitt, für den auch bzw. andere Nährstoffe kritisch sind? Hier wurde rege diskutiert, warum zwar VeganerInnen empfohlen wird, regelmäßig den Ernährungsstatus ärztlich überprüfen zu lassen und eine Ernährungsfachkraft zu konsultieren – nicht jedoch der Allgemeinbevölkerung, in der viele auch bzw. gerade unter Mischkost über- und/oder fehlernährt sind.

Vegane Kitaverpflegung

Einblicke in eine der ersten drei veganen Kitas in Deutschland gab Tim Ritzheim, der für seine Bachelorarbeit Speisepläne einer dieser Kitas analysiert hatte. Interessant: Auch ein großer Anteil an „Nicht-VeganerInnen“ melden ihre Kinder in veganen Kitas an. Im Betreuungsvertrag der von Ritzheim ausgewählten Kita wird festgehalten, dass die Eltern bei veganer Ernährung für die VB12-Supplementierung sorgen müssen. Zusammenfassend sprach sich Ritzheim für eine von den entsprechenden Fachgesellschaften erstellte, fundierte Speiseplancheckliste für vegane (Mittags)Verpflegung für Kinder und Jugendliche aus.

Workshops

Am zweiten Tag arbeiteten die TeilnehmerInnen in Kleingruppen mit Primärliteratur und präsentierten ihre Ergebnisse. Der Workshop bot somit die Möglichkeit zur interaktiven Auseinandersetzung mit dem Thema, der wissenschaftlichen Literatur, methodischem Vorgehen und Präsentationsmethoden.

Fazit

Die ReferentInnen vermittelten aktuelles Fachwissen und diskutierten mit den TeilnehmerInnen auch noch nicht abschließend bewertete, in der Fachwelt noch zu „beforschende“ bzw. zu bewertende Topics. Somit bot der Workshop die Möglichkeit zum offenen Austausch mit viel Wissensgewinn. Die Veranstaltung, die perspektivisch einmal im Jahr stattfinden soll, ist Ernährungs-, MedizinstudentInnen und jungen WissenschaftlerInnen angrenzender Disziplinen aber auch DiätassistentInnen und niedergelassenen ErnährungsberaterInnen als Weiterbildung zu empfehlen.
In den regen Diskussionen wurden viele Fragen beantwortet, klar ist jedoch: Es gibt noch viel mehr offene Fragen. Wie viel VB12 sollen VeganerInnen und VegetarierInnen supplementieren, in welcher Dosis und Frequenz? An welche Empfehlungen sollen sich vegan ernährende Menschen halten? Die wachsende Zielgruppe und die mit ihnen arbeitenden Ärztinnen und Ärzte, Ernährungsfachkräfte und in der Gemeinschaftsverpflegung Tätige benötigen wissenschaftlich fundierte, von den Fachgesellschaften herausgegebene Empfehlungen und Beratungsstandards.

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