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Parzellenversuch bei der Blauen Süßlupine am JKI in Groß Lüsewitz. © JKI

Interview: „Lupinen bereichern Landwirtschaft und Ernährung“

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Dr. Brigitte Ruge-Wehling (li.) und Kollegin Kristin Fischer beim Anthraknose-Resistenztest im Feld. © JKI

Was ist mit Ertragsstabilität gemeint?

Dr. Ruge-Wehling: Bei der Ertragsstabilität geht es in erster Linie darum, gesunde Pflanzen anzubauen. Hier steht die Suche nach krankheitsresistenten (gesunden) Pflanzen gegenüber der Krankheit „Anthraknose“ im Fokus. „Anthraknose“ wird auch als Brennfleckenkrankheit bezeichnet und gilt weltweit als die wichtigste Krankheit im Lupinenanbau. Ein Befall der Pflanzen kann zu Ertragseinbußen von bis zu 100 Prozent führen.

Ist der Befall schon vor der Blüte, können die Pflanzen häufig gar nicht erst Hülsen bilden. Die Krankheit ist außerdem samenübertragbar. Erntet man befallenes Saatgut, so können im nächsten Jahr sofort wieder kranke Pflanzen auftreten. Da der Einsatz von Beizmitteln beschränkt ist, stellt die Suche nach resistenten Formen die einzig sinnvolle Alternative dar.


Sind Sie fündig geworden?

Dr. Ruge-Wehling: Ja. In Zusammenarbeit mit dem Züchter Saatzucht Steinach in Bocksee ist es uns gelungen, eine resistente Züchterlinie zu identifizieren. Diese Linie wurde nach künstlicher Inokulation über Jahre auf dem Feld auf einen möglichen Befall hin untersucht und zeigte keinerlei Krankheitssymptome mehr. Dieses Material kann nun zur Entwicklung gesunder Lupinensorten dienen.

Welche Rolle spielen die Resistenzgene?

Dr. Ruge-Wehling: Eine große Rolle, da die „Anthraknose“ den Anbau in Deutschland Mitte der 90er Jahre zum Erliegen gebracht hat. Die genannte resistente Zuchtlinie wurde in einem Forschungsprojekt im Hinblick auf die Vererbung der Resistenz untersucht. Wir konnten zeigen, dass die Resistenz nur von einem Faktor vererbt wird und haben das Resistenzgen LanrBo genannt.** Um den Züchtungsfortschritt zu beschleunigen, haben wir sogenannte molekulare Selektionswerkzeuge entwickelt, die dem Züchter ermöglichen, diese anstatt dem aufwendigen Resistenztest zur Selektion einzusetzen.

Gibt es noch weitere Resistenzgene dieser Art?

Dr. Ruge-Wehling: Neben dem beschriebenen Resistenzgen ist nur noch ein weiteres Gen aus der australischen Sorte „Tanjil“ bekannt. Dieses wurde bereits vor 10 Jahren beschrieben und heißt Lanr1. Die beiden Resistenzgene LanrBo und Lanr1 werden vom Züchter bei der Sortenentwicklung berücksichtigt.


Können Lupinen die deutsche Landwirtschaft langfristig bereichern?

Dr. Ruge-Wehling: Unbedingt! Sie sind Hülsenfrüchte mit hochwertigem Eiweiß für Tier und Mensch. Lupinen steigern die Bodenfruchtbarkeit und den Ertrag der Nachfrüchte, außerdem binden sie mit Hilfe von Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft im Boden – circa 170 kg Stickstoff je Hektar und Jahr. Sie helfen so, mineralischen Stickstoffdünger einzusparen und die Emission von Treibhausgasen zu vermindern. Nicht zuletzt weiten Lupinen Fruchtfolgen auf und bieten blütenbesuchenden Insekten Nahrung.

Wie lassen sich Lupinen in die menschliche Ernährung integrieren?

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Die Samen der Süßlupine: Sie enthalten das hochwertige Protein. © JKI

Wie lassen sich Lupinen in die menschliche Ernährung integrieren?

Dr. Ruge-Wehling: Das hochwertige Lupinen-Protein steht dem der Sojabohne in nichts nach. In Südeuropa werden die Samen der Lupine sogar als Snack angeboten. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Produkten aus Lupinenmehl. Die Firma ProLupin bringt vegane Produkte wie Joghurt-Alternativen oder Eis auf den Markt, die statt Mehl als Basis Lupinenprotein-Isolat enthalten.

Neben Milchersatzprodukten kann die Lupinenfaser noch zur Fettreduktion in Wurstwaren verwendet werden. Die Firma Greifen Fleisch in Greifswald beispielsweise nutzt dafür pflanzliches Eiweiß oder Fasern der Blauen Süßlupine. Lupinen bereichern also nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die menschliche Ernährung.

Das Gespräch für die ERNÄHRUNGS UMSCHAU führte Myrna Apel.



Weitere Informationen:

Das JKI arbeitet eng mit dem einzigen Lupinenzüchter Deutschlands, der Firma Saatzucht Steinach, zusammen. Das Unternehmen betreibt eine Zuchtstation in Mecklenburg-Vorpommern, nahe Waren. Außerdem kooperiert das JKI mit dem sogenannten Lupinennetzwerk, welches von der Landesanstalt in Mecklenburg-Vorpommern koordiniert wird, sowie in Drittmittelprojekten mit der Firma ProLupin, die Lebensmittelzutaten aus der Blauen Süßlupine gewinnt. Ferner pflegt das JKI Kontakte mit wissenschaftlichen Einrichtungen, wie dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, dem Thüneninstitut in Trenthorst und in Hinblick auf die Markerentwicklung für Resistenzgene mit einer australischen Arbeitsgruppe in Perth.

Wissenschaftliches Poster des JKI zum Download: Wiederentdeckung des Lupinenanbaus auf ökologisch bewirtschafteten Flächen: Beitrag der Züchtungsforschung



Bodenpunkte (BP) beziehungsweise Ackerzahlen (AZ) stehen für die Qualität einer Ackerfläche. Sie „berechnen sich aus den Bodenzahlen auf Grund von Zu- und Abschlägen in Abhängigkeit von Klima und ausgewählten Merkmalen – wie Hangneigung, Waldschatten u. a.“ (Quelle: Ulrich Ratzke, Hans-Joachim Mohr: Böden in Mecklenburg-Vorpommern, Abriss ihrer Entstehung, Verbreitung und Nutzung. 2. Auflage. Beiträge zum Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern, Güstrow 2005 (PDF ), S. 28; Zugriff: 11.3.2016)

** Literatur: Fischer K, Dieterich R, Nelson MN, Kamphuis LG, Singh KB, Rotter B, Krezdorn N, Winter P, Wehling P, Ruge-Wehling B (2015) Characterization and mapping of LanrBo: a locus conferring anthracnose resistance in narrow-leafed lupin (Lupinus angustifolius L.). Theor Appl Genet 128:2121-2130

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