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Parzellenversuch bei der Blauen Süßlupine am JKI in Groß Lüsewitz. © JKI

Interview: „Lupinen bereichern Landwirtschaft und Ernährung“

Anlässlich des internationalen „Jahres der Hülsenfrüchte“ erhalten Leguminosen derzeit viel Aufmerksamkeit. Die Samen der Süßlupine sind reich an pflanzlichem Protein und stellen eine heimische Alternative zu Soja dar. Die ERNÄHRUNGS UMSCHAU sprach mit Dr. Brigitte Ruge-Wehling, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich molekulare Pflanzengenetik am Julius Kühn-Institut (JKI), über die wertvolle Eiweißpflanze.

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Dr. Brigitte Ruge-Wehling mit Gelben Lupinen. © JKI

Frau Ruge-Wehling, Berichte über die Süßlupine häufen sich, die wenigsten Menschen dürften die Pflanze genau kennen. Was sind Lupinen?

Dr. Brigitte Ruge-Wehling: Lupinen sind bei uns heimische Eiweißpflanzen mit entsprechend hohen Eiweißgehalten von 30 bis 40 Prozent. Sie gehören innerhalb der Familie der Hülsenfrüchte wie auch Erbse, Soja, Ackerbohne und Erdnuss zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler.

Unterschieden werden die Blaue Lupine (L. angustifolius, Anm. d. Red.), die gut auf sandigen Lehmböden wächst, die Weiße Lupine (L. albus, Anm. d. Red.), die Lehm- und Lössböden bevorzugt und die Gelbe Lupine (L. luteus, Anm. d. Red.), die gut auf sandigen Böden gedeiht.


Welche Produktions- und Umweltbedingungen braucht die Süßlupine?

Dr. Ruge-Wehling: Die Lupine ist grundsätzlich eine anspruchslose Kulturart. Sogenannte marginale Böden mit niedrigen Bodenpunkten* zwischen 25 und 35 sind bereits für den Anbau geeignet. Die Pflanze mag jedoch keine zu hohen pH-Werte. Das gilt vor allem für Blaue und Gelbe Lupine. Die Weiße Lupine wird mehr im Süden Deutschlands angebaut und bevorzugt somit die etwas besseren Böden. Verschiedene Krankheiten, wie zum Beispiel die Brennfleckenkrankheit, können der Pflanze ebenso schaden wie zu hohe Frühjahrstrockenheit und hohe Feuchtigkeit bei der Abreife.


Wie kam es zur Wiederentdeckung des Lupinenanbaus in Deutschland? 

Dr. Ruge-Wehling: Hier trafen mehrere Faktoren und Umstände zusammen: Der immense Import von Soja, das in Südamerika – mit bekannten Folgen für die Umwelt – in industriellem Maßstab produziert wird, ist in jüngerer Zeit verstärkt in die öffentliche Kritik geraten. Die Politik hat in Deutschland darauf reagiert, indem sowohl die Bundesregierung als auch die Bundesländer den Anbau von Eiweißpflanzen in der deutschen Landwirtschaft fördern. Dazu zählen hierzulande angebaute Körnerleguminosen, also Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen und Sojabohnen.


Auf wie viel Hektar werden derzeit in Deutschland Süßlupinen angebaut und wofür?

Dr. Ruge-Wehling: Auf 30 000 ha werden 90 Prozent Blaue Lupinen angebaut. Die Hauptanbaugebiete liegen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Hauptsächlich werden Lupinen für Tierfutter angebaut, aber in der jüngsten Vergangenheit hat die Lupine auch in der menschlichen Ernährung an Bedeutung gewonnen.


Welche Rolle spielt das Julius Kühn-Institut dabei?

Dr. Ruge-Wehling:
 Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat im Rahmen seiner sogenannten „Eiweißpflanzenstrategie" ein Programm zur Forcierung der Agrarforschung an Körnerleguminosen und zur Ausdehnung ihres Anbaus in Deutschland aufgelegt. Ein Ergebnis ist, dass wir seit circa zwei Jahren im Nordosten Deutschlands ein Netzwerk von Landwirtschaftsbetrieben, Verarbeitern, Futter- und Lebensmittelherstellern und Forschungseinrichtungen haben, das sich zum Ziel gesetzt hat, das Wissen zur optimalen Anbaupraxis für die fast verschwundene landwirtschaftliche Kulturart „Lupine" zu verbreiten und umzusetzen. Ziel ist, weitere Wertschöpfungsmöglichkeiten für diese wertvolle Eiweißpflanze zu erschließen.

Hilfreich ist außerdem, dass die EU-Agrarpolitik seit vergangenem Jahr im Rahmen der „Greening“-Maßnahmen Landwirte mit einer Prämie belohnt, wenn sie Körnerleguminosen in ihrem Betrieb anbauen. Und schließlich haben wir uns am Julius Kühn-Institut in Groß Lüsewitz bereits vor 15 Jahren, als noch kaum ein Praktiker etwas vom Lupinenanbau hören wollte, mit unseren Forschungskapazitäten der Lupine zugewandt.

Aufnahme des Hülsenansatzes bei der Blauen Süßlupine. © JKI

Was war dafür ausschlaggebend?

Dr. Ruge-Wehling: Wir fühlen uns als öffentliche Forschungseinrichtung dazu verpflichtet, uns auch um die „kleinen", wenig genutzten oder fast vergessenen Kulturpflanzenarten zu kümmern, damit sie nicht eines Tages vollends aus der Landwirtschaft verschwinden.


Welchen Beitrag leistet Ihre Züchtungsforschung?

Dr. Ruge-Wehling: Das JKI befasst sich in erster Linie mit der Ertragserhöhung und Ertragsstabilität. Für die Erhöhung des Ertrages nutzen wir eine neue Variabilität, also zum Beispiel Genbankakzessionen, das heißt Wildmaterial. Wir beurteilen die Pflanzen auf dem Feld über mehrere Jahre und an verschiedenen Standorten, um solche zu ermitteln, die im Vergleich zur Ursprungssorte einen höheren Ertrag haben. In solchen Leistungsprüfungen werden dann Merkmale wie Kornertrag, Tausendkorngewicht oder Abreife der Pflanzen erfasst und verrechnet.


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